Sonntag, 4. Mai 2008

Dann doch noch Benin

Lomé bietet einen super Strand, einen großen Markt, tausende Moto-Taxis doch die direkte Nähe zur ghanaischen Grenze (man hat hier in der Stadt sogar noch Handyempfang) lässt so richtige Urlaubs- und Reisegefühle nicht aufkommen. Außerdem treffen wir noch an der Grenze Mary aus dem Liberiaflüchtlingscamp. Sie weist uns nochmal darauf hin, dass Togo zwar ziemlich hoch, doch sehr schlank ist. So dauert es nicht lange und wir reisen weiter nach Benin. Nächstes Ziel also Cotonou, die größte und kulturelle Hauptstadt Benins.

Highlight in Cotonou

Jeder Tag hat ja sein persönliches Highlight und normalerweise ereignet es sich meist gegen Ende des Tages, doch in Cotonou ein frühes Highlight zum Warm-Up. Auf der Suche nach unsrem Hostel spreche ich mehrere Leute an. „Excusez moi, savez-vous où…“ doch plötzlich lachen alle, einer rennt schreiend weg. Ich greife auf meine Nase, betrachte anschließend meine Finger und realisiere was passiert ist.

Ich kann mich dunkel dran erinnern – ich dürfte so ca. 7 oder 8 Jahre alt gewesen sein – wir waren an einem recht schönen Sommertag in Blieskastel zum Einkaufen, da flog diese Taube über uns und hatte nix besseres zu tun, als zielgenau einen kleinen Haufen auf meinem Schokoladeneis zu platzieren, ich dachte dadurch bin ich für immer von diesen gemeinen Attacken befreit, quasi wie Rödeln, Masern, Mumps, passiert nur einmal im Leben – Pustekuchen.

Nachdem sich alle köstlich amüsiert hatten, organisierte Jonas den weiteren Weg zu unsrer Übernachtungsmöglichkeit, ich konzentrierte mich fortan mit ständigem Blick nach oben völlig auf den Himmel Benins.

Essen und Voodoo und Grenze und wieder zurück

Cotonou dann doch besser als der erste Eindruck von oben, eigentlich schon etwas komisch, dass ich Städte oder Länder immer an Essen und Essensgewohnheiten kategorisiere, doch ich bleibe dabei: das ghanaische Essen ist vielleicht nicht immer gesund doch sehr lecker, in den französischsprachigen Nachbarländern macht das Essen doch einfach mehr Spaß, außerdem tut man auch noch etwas für seine Gesundheit, anstatt nur satt zu werden. Hier gibt es mal wieder Salat, hier bleibt man nach dem Essen sitzen, unterhält sich mit den Tischnachbarn aus Nigeria. Auffallend ist noch, dass die Getränke in Benin alle überdimensional groß sind, selbst das Pure Water auf der Straße oder ne Cola gibt’s nur in mind. 0,6 Liter.

Aber nun genug über Essen und Trinken, wir überleben die Nacht in der Herberge in Cotonou trotz Warnungen von unsrem Reiseführer (laut Lonely Planet „nur für Hardcore Traveller“ geeignet) und stellen uns vor was für ein Luxusleben die Redakteure von Lonely Planet führen, wenn ihnen ein Zweibettzimmer mit Balkon und Ventilator schon zu schaffen macht. Dann schauen wir uns am nächsten Tag natürlich noch den Markt Cotonous an, drehen noch ne Runde mit dem Mototaxi durch die Stadt, doch dann geht es auch schon wieder weiter, Ziel Ouidah: großes Dorf bzw. kleine Stadt an der Küste Richtung Lomé, hier gab es bis lange Zeit den einzigen Hafen Benins, er diente als Drehpunkt für den Sklavenhandel nach Amerika, hier gibt es am fast menschenleeren Strand ein großes Mahnmal, einziger Unterschied zur Gedenkstätte in Cape Coast: die „Door of No Return“ hießt hier „La Porte du Non-Retour“. Berühmt ist Ouidah ebenfalls für seine Voodoofestivals, das kriegen wir bei unsrer Ankunft gleich zu spüren, denn die Dame in unsrem Hostel erklärt uns zunächst, dass das ganze Haus wegen einer Zeremonie leider ausgebucht ist. Nach ein wenig Reden, ein wenig Lächeln und ein wenig Warten findet sie dann doch noch ein Zimmer für uns, so sind wir plötzlich mittendrin in der Voodozeremonie. Die ganze Nacht wird durchgetrommelt, wir finden kaum Schlaf, doch wir sind ja auch nicht zum Ausruhen hier, so geht es am nächsten Morgen mit kleinen Augen in den „verwunschenen Wald“ Ouidahs. Hier hat sich der ehemalige König Kpité einst auf der Flucht in einen Baum verwandelt, legt man eine kleine Spende unter den Baum, darf man sich was wünschen, das funktioniert allerdings nach dem Sternschnuppenprinzip, was ich mir gewünscht habe, darf ich hier also leider nicht verraten.

Danach geht es über Lomé zurück nach Accra, nicht ohne die ghanaische Grenzbeamtin mit einem freundlichen „It’s good to be back home“ zu empfangen, das und ihr Interesse für mein Piercing ermöglichen uns einen 60 statt 30 Tagestempel, dieser wird im erstbesten Spot nach der Grenze mit einem warmen ghanaischen Bier gefeiert, dort treffe ich Torqbin Kpotaka den Vierten, Chief in einer Stadt bei Ho in der Voltaregion, er lädt uns als Special Guests in sein Dorf ein, schwärmt uns vom örtlichen Kulturzentrum und den Festivals vor. Doch es ist an der Zeit zurück nach Accra zu fahren, sonst kommen wir ja gar nicht mehr zum studieren…


Jonas und ich aufm Mototaxi, dann das Denkmal in Ouidah und eine Voodoostatue im verwunschenen Wald

COFFEE TO GO in Lomé

Ich hab ja alles versucht aber man kommt einfach nich drumrum, wenn ein Land eine Steilvorlage für ein Wortspiel anbietet und es dabei auch noch um Kaffee geht muss man zuschlagen, der Witz hat hier in Ghana (und vor allem in Togo) schon seine besten Tage hinter sich, doch vielleicht gibt es ja jemanden zu Hause (oder in Australien, Neuseeland, Polen, Schottland, Italien, Burkina), der wegen der Überschrift zumindest ein wenig schmunzeln muss.

Anyway, nachdem der Unialltag die letzte Zeit beherrscht hat und ich die letzten Tage im International Student Hostel ohne Reisen, ohne Abenteuer, ohne Verlassen des Campus’ verbracht habe, dann Donnerstagabend kurzes Gespräch mit Jonas: „Fahren wir morgen nach Togo?“ „Ja, wir wär’s wenn wir um 6 losfahren?“ „Okay“. Dann noch schnell ein paar wenige Reisedetails: „Du Kontaktlinsenflüssigkeit ich Shampoo?“ „Okay“. Und die Reise war geplant.

Togo bietet sich super für einen Weekend-Trip an, die Fahrt bis zur Grenzstadt Aflao dauert ca. 4 Stunden. Der Grenzübergang ohne Probleme, die Beamten hier freundlicher als an der Grenze zu Burkina Faso. Schön ist immer anzusehen, mit welcher Kraft und mit welchem Enthusiasmus die Stempel in den Pass gestampft werden: 1,2,3,4,5…Sehnenscheidenentzündung im Handgelenk des Grenzbeamten ist vorprogrammiert nach einem gewöhnlichen 8 Stunden Arbeitstag, ein Trinkgeld für nen Kaffee gibt’s aber nich, wir sind doch nich korrupt, oder?

Kurz hinter der Grenze treffen wir Julien aus Beijing, der in Lomé arbeitet und auf seinen Arbeitskollegen wartet. Ein kurzer Small-Talk und wir fahren eine halbe Stunde später dekadent mit Chauffeur und Air Condition an unsrem Hostel vor. Dort gibt es neben echtem Café abends ne Live-Cover-Band mit einem Sänger der bei jeder blöden Casting-Show im deutschen Fernsehen locker den ersten Platz machen würde. Lonely Planet hat ausnahmsweise auch mal Recht, mit der Musik in Togo kann Ghana nicht mithalten. Wir entdecken frisch gezapftes Bier in der Bar, sichern uns die besten Plätze auf dem Balkon und genießen die Musik: “Oh, I believe in Yes-ter-day“, oder doch nich!?